Nach der Neuentdeckung am Ende der neunziger Jahre wurde Asmara von westlichen Medien als frozen city, sleeping beauty oder auch city of dreams betitelt. Diese Tropen beziehen sich auf die besonderen baulichen und geschichtlichen Eigenschaften der Stadt. Durch fehlende Bautätigkeit während eines 30 Jahre andauernden Befreiungskrieges gegen Äthiopien hatte sich die Stadt baulich kaum verändert. Es kam auch zu keinen bedeutenden Zerstörungen der Bausubstanz durch Kriegshandlungen. Viel mehr waren Konflikte und Hunger dafür verantwortlich, dass Asmara erhalten blieb. (vgl. Rausch 2012: 24) In der Zeit vor der Unabhängigkeit gab es kaum Sanierungen und die Infrastruktur war in schlechtem Zustand (vgl. Gebremedhin 2007: 2). 1991 befreite sich Eritrea endgültig vom äthiopischen Derg-Regime und die formale Unabhängigkeit folgte zwei Jahre später. Der Preis dieses Krieges war hoch und zwang den jungen Staat eine Vielzahl von Problemen gleichzeitig anzugehen: Hunger, Wassermangel, brach liegende Felder, fehlende und zerstörte Infrastruktur, abgeholzte Wälder, Antipersonenminen, rückkehrende Flüchtlinge, sowie eine desaströse Sanitär-Situation. Gabriel Tzeggai spricht von einem „Anfangen bei Null“, da die Probleme nicht nur gleichzeitig sondern auch ohne historischen Anknüpfungspunkt zu lösen waren (vgl. Tzeggai 2008: 28). Auch für Eritreas nationalstaatliche Identität gab es keine Anknüpfungspunkte, die älter waren als die Kolonialzeit. Dies macht die Stadt besonders wichtig für die neue Nation, ihre Regierung und den gesamten Prozess des nation building. Es kam zu einer eigenartigen Verquickung von Interessen, in denen das bauliche Erbe der kolonialen Stadt eine fundamentale Rolle spielte. Welche Interessen das sind und wie sie Asmara instrumentalisieren wollen ist das Thema dieses Kapitels.