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UŞŞAK / Cemile Cengiz

14.09.2021

Die türkische Stadt Uşak hat sich durch ihre geographische Lage im Westen und durch ihren Teppichexport einen Namen auf internationaler Ebene gemacht, der gegenwärtig in Vergessenheit geraten ist. Abgesehen von der interessanten historischen Entwicklung bietet die Stadt an sich viele städtebauliche Kuriositäten.

Neben meinem persönlichen Bezug zur Stadt steht auch das Land Tirol in einer besonderen Beziehung mit Uşak durch die Gemeinde Fulpmes im Stubaital. Denn Fulpmes war für türkische Gastarbeiter vor allem aus Uşak eine Art Hotspot,durch viele Produktionsstätten und die Errichtung der Liftanlage Schlick 2000 wurden viele Arbeitskräfte sowohl in der Produktion als auch in der Gastronomie und im Tourismus benötigt. Einer dieser Gastarbeiter ist mein Opa, der sich durch alle Branchen gekämpft und schlussendlich in einer Produktionsfirma gelandet ist, wo er den Rest seiner Berufstätigkeit verbracht hat. Im Gegensatz zu vielen anderen hat es mein Opa geschafft, seine Familie sehr früh nachzuholen, so hat schon mein Vater seine Kindheit in Fulpmes verbracht und auch ich in der dritten Generation. Fulpmes ist sowohl für Türkischstämmige aber vor allem für Menschen aus den Dörfern von Uşak ein Zentrum des gesellschaftlichen Lebens in Österreich durch verschiedenste Veranstaltungen im kulturellen und kulinarischen Bereich, wie zum Beispiel die jährliche gut besuchte Kirmes. So steht die kleine Gemeinde im Stubaital auch in Kontakt mit der Regierung in Uşak und es besteht ein stetiger Austausch.

Wendet man den Blick zur Stadt Uşak, erkennt man dass der einstige Ruhm bereits Vergangenheit ist. Die Regierung ist darauf bedacht Uşak seine alte Wichtigkeit und seinen alten Charme zurück zu geben und finanziert ein Bauprojekt nach dem anderen. Wie an einer Perlenkette werden diese entlang einer der wichtigsten Verkehrsachsen der westlichen Türkei, welche durch Uşak führt, aneinandergereiht. Sie versprechen eine „neue und bessere“ Stadt, die einer europäischen gleichen soll. So wird das „Neue“ und „Bessere“ auf dem Atatürk Boulevard vorgeführt, um bei den Durchreisenden einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Ein neues Zentrum ist schon errichtet worden, welches eher an eine dystopische Filmszene erinnert. Die moderne Bauweise, die leeren Geschäfte und öffentlichen Räume führen dazu, dass den Investoren der Reiz fehlt, in ihren im alten Zentrum gut funktionierenden Laden zu übersiedeln, auch wenn es sich hier um Neubauten und mehr Platz handelt. Schon im Vorfeld führen der fehlende Raumplan und die fehlende Kooperation mit Investoren zu einem Areal, welches immer schwieriger zu bespielen wird. Die Hoffnung hält die Regierung dennoch aufrecht, denn sie möchte ihren eigenen Sitz und die Banken übersiedeln. In einem zweiten Schritt soll, der dieses Areal umgebende Ring in derselben Logik errichtet werden. Das heißt zuerst im gleichen reproduzierbaren Typus bauen und dann versuchen zu beleben. Folgende Arbeit soll aufbauend auf Analysen zur Stadt einen Vorschlag für dieses Gebiet bieten.

Um eine Stadt zu verstehen, müssen zuerst die gegebenen Fakten analysiert und die Definition der Stadt erläutert werden. Die Definition der Stadt wird anhand verschiedener Parameter untersucht, so werden Theorien der urbanen Forschung von Architekten herangezogen, aber auch philosophische Annäherungen wie zum Beispiel der Hauptreferenz dieser Arbeit: Lefebvre. Aufbauend auf Lefebvres Theorien wird erläutert: was eine Stadt wirklich ist, welche Faktoren einen Einfluss in die städtische Landschaft und Gesellschaft haben und wie sie sich historisch und tatsächlich zusammensetzt und in der Gegenwart funktioniert. Im Anschluss kann man diese Qualitäten auch in dem Beispiel Uşak prüfen, gegebenenfalls adaptieren und ergänzen. „Es geht also darum, die Theorie nicht als Zitatengirlande zu verwenden, mit der man seine empirischen Studien schmückt, sondern als ein Werkzeug, ein Instrument der Analyse einzusetzen und damit konkret zu arbeiten.

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